Für viele ambitionierte Runner gilt die Faustregel, die einst vom tschechoslowakischen Langstreckenathleten Emil Zátopek aufgestellt wurde: „Wenn du laufen willst, dann lauf einen Kilometer. Wenn du ein anderes Leben erfahren willst, dann bewältige einen Marathon.“ 42,195 Kilometer, Fernziel und Mythos, ultimativer Härtetest und Reifeprüfung zugleich. Jeder Läufer spielt früher oder später mit dem Gedanken, „irgendwann mal“ die sagenumwobene Distanz zu knacken. Damit es so weit kommen kann, muss man erst einmal mit kleinen und überschaubaren Strecken anfangen. Und wer im Herbst und Winter ins Wettbewerbstraining einsteigt oder einfach nur die kleine Feierabendrunde einlegen will, hat es oft schwerer als im Sommer. Die erste Hürde ist zunächst einmal im Kopf. Dunkelheit, Regen oder nasskaltes Wetter sind nicht gerade die größte Moti- vation, um die Laufschuhe zu schnüren. Dabei ist Running im Winter extrem befreiend. Es ist die Chance, aus stickigen und überheizten Zimmern nach langen Tagen im Büro zu entfliehen, frische Luft in die Lungen zu pusten und die winterliche Kulisse zu genießen. Außerdem ist regelmäßiges Laufen der beste Schutz vor Erkältungen und Krankheiten. Die Atemwege werden mit kalter Luft versorgt, während unsere körperlichen Abwehrkräfte und das vegetative Nervensystem mobilisiert und gestärkt werden.
Wer im Wald über Stock und Stein läuft, hat in der Regel ein anderes Verständnis von Running. Bestzeiten und Geschwindigkeit? Sind hier eher zweitrangig. Beim Trailrunning geht es um das Erlebnis in der Natur, den Einklang mit Gebirge oder Wald, eine fast schon meditative Erfahrung. Läufer nehmen an schönen Stellen, etwa an imposanten Ausblicken, gerne eine kurze Auszeit und genießen den Moment. Beim Trailrunning geht es darum, sich treiben zu lassen und das Tempo zu variieren, denn ebene Strecken sind eher die Ausnahme. Wege bergauf sehen zwar anstrengend aus, sind aber technisch weitaus leichter zu bewältigen als Talstrecken. Machen Sie kleine Schritte und nehmen Sie die Arme aktiv mit, der Körper wird leicht nach vorne gebeugt. Beim Abwärtslauf unbedingt darauf achten, auf dem ganzen Fuß zu landen, nicht nur auf der Ferse oder dem Vorderfuß. So hat der Fuß mehr Grip, und man rutscht nicht so leicht aus. Für die ersten Abstecher ins Trailrunning sollte man zunächst die gewöhnlichen Laufschuhe ausprobieren. Wer allerdings häufiger (oder ausschließlich) offroad unterwegs ist, für den führt kein Weg an Trailrunning- Schuhen vorbei. Im Unterschied zu gewöhnlichen Modellen ist hier die Sohle etwas steifer und kann sich weniger verdrehen. Besonders auf Wegen mit spitzen Steinen oder auf sehr weichem Untergrund ist das ein großer Vorteil, auf Asphalt aber weniger gut geeignet. Das Obermaterial ist deutlich robuster, da es im Outdoor-Gelände viel stärker beansprucht wird und vor spitzen Gegenständen und Dornen schützen soll, außerdem ist die Zehenbox zusätzlich durch eine Kappe aus Gummi geschützt. Am relevantesten ist aber die Außensohle, sie besteht meist aus einem noppen- oder stollenartigen Profil, welches im Gelände einen guten Grip bietet und verhindert, dass Steinchen in den Kerben der Sohle stecken bleiben. Wie bei gewöhnlichen Laufschuhen gibt es auch hier je nach Gewicht und Anlass verschiedene Modelle, sei es für Sprintwettbewerbe oder für Langstrecken.
Die gute Nachricht: Es gibt kaum ein erhabeneres Gefühl, als über frischen Schnee zu gleiten. Der Tritt ist fest, und die Füße haben einen guten Halt. Gefährlich wird es erst, wenn unter dem Schnee eine Eisschicht liegt oder Schneematsch für fiese Ausrutscher sorgen kann. Wer sich unsicher fühlt, sollte das Lauftempo unbedingt drosseln und versuchen, mit dem ganzen Fuß aufzutreten und abzurollen. Bei völlig vereisten Wegen gibt es zwar die Möglichkeit, zusätzliche Spikes auf die Schuhe zu schnallen, doch hier sollte man besser zweimal überlegen. Lieber auf eine Trainingseinheit verzichten, als die nächsten Wochen mit einem verstauchten Knöchel flachzuliegen. Wer bei Minusgraden läuft, muss sorgsam beim Outfit sein. Auf Baumwolltextilien sollte man grundsätzlich verzichten, weil der Schweiß nicht absorbiert wird und dafür sorgt, dass der Körper schneller auskühlt. Eine Erkältung ist dann beim Laufen bereits vorprogrammiert. Funktionswäsche nach dem Zwiebelprinzip ist daher die richtige Wahl. Neben Polyester werden auch Textilien aus Merinowolle unter Sportlern immer beliebter. Sie haben den Vorteil, dass sie den Schweiß gut aufnehmen und gleichzeitig den Körper wärmen, ohne ihn zu überhitzen. Als Faustregel gilt: Nicht zu warm anziehen, beim Start soll man ein minimales Fröstelgefühl haben. Nach fünf bis zehn Minuten ist der Körper genügend aufgewärmt. Jeder, der bei Schnee schon mal mit dicken Wollhandschuhen gelaufen ist, hat es gemerkt: Weniger ist mehr, hier reichen dünne Laufhandschuhe völlig aus. Ebenso wichtig: Auch wenn im Winter der Durst erst später kommt, muss man trotzdem genauso viel trinken wie im Sommer, denn die trockene Winterluft sorgt für zusätzliche Dehydration. Ein Trinkrucksack für längere Strecken lässt sich bei dickerer Kleidung ohnehin leichter transportieren als im Sommer.
Jetzt bricht wieder die Phase an, in der wir das Laufen in der Dämmerung kaum vermeiden können. Wer vor oder nach der Arbeit aufbricht, stratzt im Herbst, Winter und selbst noch im beginnenden Frühling durch Zwielicht und Dunkel. Deshalb sollte man die Streckenplanung neu beleuchten: Um düstere, wenig gewartete Wege, auf denen Stolperfallen lauern, sollte der Gesundheit zuliebe eher ein Bogen gemacht werden. Mindestens sollten Läufer sich bewusst machen, dass auf diesen Strecken erhöhte Aufmerksamkeit nötig ist. Wer Lust hat, im Winter unbekannte Routen zu erkunden, sollte das neue Gelände in der Satellitenansicht von Google Maps genauer unter die Lupe nehmen. Es ist auch als Erwachsener nicht so toll, sich im Dunkeln zu verlaufen. Vor allem nicht, wenn es friert. Ist die Strecke gefunden, gilt beim winterlichen Lauf in unbeleuchteten Gefilden das alte Promi-Motto: Sehen und gesehen werden!